Erfreulich viele neue Gesichter zu sehen und unverbrauchte Stimmen zu hören gab es am ersten Juni-Wochenende im Anton-Bruckner-Gymnasium Straubing bei der Audition zum Musical „Anatevka“ der Crazy Musical Company e. V. (CMC) Über sechs Stunden lang stellten sich im Zehn-Minuten-Takt über 30 Sängerinnen und Sänger vor, die bei der deutschen Fassung des Musical-Klassikers „Fiddler on the Roof“ im kommenden Jahr im Theater am Hagen in Straubing auf der Bühne stehen wollen.
Erschwert wurden die Bedingungen bei der Audition von den Vorgaben wegen der Corona-Krise. So mussten alle Eintreffenden eine aktuelle Covid-19-Testung nachweisen oder sich vor den Augen der Verantwortlichen selbst negativ testen. Auch wurden natürlich die Kontaktdaten aller Anwesenden notiert und Desinfektionsmittel und Masken bereitgehalten.
Die Interessierten, die sich erstmals bei der Crazy Musical Company beteiligen wollen, hatten im Vorfeld des Vorsingens zwei Stücke unterschiedlichen Charakters aus dem Musical-Bereich nach eigener Wahl vorbereitet, z. B. einen Uptempo-Song und eine Ballade. Die Teilnehmer an der Audition, die bereits bei einer der früheren Produktionen „Oliver!“, „Sunset Boulevard“, „Jekyll & Hyde“ oder „Doktor Schiwago“ dabei waren, hatten von den Vereinsverantwortlichen das Gesangsstück „Jente, o Jente“ (Frauenstimmen) bzw. „Wunder, o Wunder“ (Herrenstimmen) zugeteilt bekommen. Außerdem mussten sie eine festgelegte Textstelle auswendig vorspielen.
Die Jury, bestehend aus Regisseur Andreas Wiedermann, Musikalischem Leiter Martin Wutz (der die Darsteller auch nach Wunsch am Flügel begleitete) und Vereinsvorsitzender Stephanie Lorenz, freute sich über die große Resonanz, die sich im Vorfeld der Audition bereits angedeutet hatte. Leider durfte das Auswahlkomitee wegen Covid-19 nicht nebeneinander Platz nehmen, sondern setzte sich mit Maske in gehörigem Abstand voneinander an Einzeltische in den bewusst ausgewählten großen Musiksaal.
Die meisten der Vortragenden am Wochenende waren sichtlich nervös, standen sie doch zum Teil zum ersten Mal vor einem Auswahlkomitee, während einige sprichwörtlich „alten Hasen“, die dem Verein seit Jahren bei seinen Produktionen die Treue halten, lässig und selbstsicher präsentierten, was sie einstudiert hatten.
Groß war im Anton-Bruckner-Gymnasium die Wiedersehensfreude bei dem 51-jährigen Ingo Wühr, der zuletzt vor sechs Jahren bei „Sunset Boulevard“ besetzt war. Jetzt, nachdem zurzeit musikalisch „Alles in der Schwebe ist“, da sein Musik-Duo nicht mehr besteht, findet er endlich wieder Zeit, sich einer aufwändigen Musicalproduktion zu widmen, ist doch die Musik neben dem Motorradfahren sein großes Hobby. Ingo freut sich auf die familiäre, kollegiale Zusammenarbeit bei den Probe- und Aufführungsterminen von „Anatevka“, die ihn auch schon bei „Sunset Boulevard“ so begeistert hat. Zum zehnjährigen Bestehen des Vereins will der Gitarre spielende Polizist unbedingt wieder mit altbekannten und neuen Darstellern auf der Bühne stehen und Spaß haben.
Ganz besonders erfreut war die Vorstandschaft der Crazy Musical Company über die Anmeldung von Johannes Menacher. Der 19-Jährige war nämlich bei der ersten Musical-Produktion des damals noch jungen Vereins „Oliver!“ letztmalig on stage und hat sich nun nach fast zehn Jahren Pause von seiner Bekannten Celina Marschallek zum Vorsingen und -spielen überreden lassen, die selbst bei „Doktor Schiwago“ 2019 auf der Bühne stand und sich nun auch für „Anatevka“ casten ließ. Johannes, der das Abitur am Anton-Bruckner-Gymnasium machte und sich ab dem nächsten Jahr zum IT-Systemelektroniker ausbilden lässt, hat die jüngsten Musical-Produktionen im Theater am Hagen nicht gesehen, seine Eltern haben ihm aber begeistert über die Aufführungen berichtet. Seinem zweiten Hobby neben der Musik, dem Fußballspielen, wird er in der sicherlich anstrengenden Vorbereitungsphase von „Anatevka“ nicht so umfangreich wie gewohnt frönen können.
Auch bei der 24-jährigen Studentin Anja Lichtl steigt seit der Audition am Sonntag die Vorfreude auf die fünfte Großproduktion. Sie bezeichnet „Anatevka“ als „ambitioniertes Vorhaben“. Die erfahrene Darstellerin (Musicalgruppe der Universität Regensburg, Statistin am Regensburger Stadttheater, Schauspielerin bei den Eventführungen der Stadtmaus Regensburg) wird 2022 zum dritten Mal bei einer Produktion der Crazy Musical Company dabei sein und blickt den sicherlich aufwändigen Vorbereitungen schon gespannt entgegen. Sie würde sich freuen, wenn sie dieses Mal eine Solo-Rolle bekäme, hat sie sich doch für die Audition umfassend vorbereitet. „Anatevka“ hat Anja bisher nur angehört, aber noch nicht gesehen.
Anja ist seit der letzten CMC-Produktion „Doktor Schiwago“ mit dem nun auch in Regensburg wohnenden Christian Miethaner befreundet, mit dem sie für die Proben in Straubing auch eine Fahrgemeinschaft bilden wird. Für den 29 Jahre alten studierten Soziologen, der momentan eine Ausbildung zum Fachinformatiker macht, wird „Anatevka“ das zweite Musical sein, bei dem er als Darsteller mitwirkt. Christian übte sein Casting-Lied „Wunder, o Wunder“ zunächst, indem er zum Stück, das er über die Streaming-Plattform Spotify abspielte, sang. Dann hat seine Bekannte Franziska Adam, die sich am Sonntag auch vorstellte, das Gesangsstück extra für ihn für das Klavier arrangiert und ihm eine Aufnahme davon zur Verfügung gestellt.
Live am Klavier von ihrer Schwester begleitet hat die Neu-Straubingerin Veronika Sötz ihr Bestes gegeben. Für sie war das Treffen am Wochenende die erste Audition überhaupt. Drei der bisherigen CMC-Musicals hat die aus dem Regensburger Raum stammende 28-jährige Chemikerin gesehen, immer wieder wollte sie selbst mitmachen, ihre bisherige berufliche Tätigkeit in Köln, wo sie in Chören sang, machte eine Bewerbung bisher aber nicht möglich. Nun, da sie in Straubing wohnt, hat sie den Aufruf zur Bewerbung auf Facebook entdeckt, sich angemeldet und sich prompt vorstellen dürfen. Sie freut sich auf die Herausforderung bei einer großen Musical-Produktion mit dabei zu sein.
Wie aufwendig die Vorbereitung dafür ablaufen wird, weiß der „alte Hase“ Hannah Lorenz, ist sie doch seit der Gründung des Vereins mit dabei. Schon als Sechsjährige stand sie bei „Oliver!“ auf der Bühne. Bei weiteren Produktionen war die mittlerweile 16-Jährige hinter der Bühne aktiv, bevor sie im vergangenen Jahr bei „Doktor Schiwago“ wieder im Chor und im Tanzensemble mitwirkte. Egal wie die Audition am Wochenende bewertet wird – bei „Anatevka“ wird Hannah auf jeden Fall dabei sein, egal in welcher Funktion oder Rolle auch immer. Daher wird die zukünftige Elftklässlerin im kommenden Schuljahr bei den schulischen Wahlfächern kürzer treten.
Nach den vielen Eindrücken, die die künstlerische Leitung am Wochenende gewonnen hat, wird sie nun ihre Aufzeichnungen sichten, diskutieren und in den nächsten zwei Wochen den Darstellern zu- oder absagen.